Enno Poppe: Interzone. Lieder und Bilder für sechs Stimmen, Ensemble und Elektronik (2002-2004)
Text: Marcel Bayer / Video und Bühne: Anne Quirynen
Das multimediale Musiktheater bezieht sich auf die gleichnamige Textsammlung von William S. Burroughs und die marokkanische Stadt Tanger, die 1912 zur „Internationalen Zone“ erklärt wurde. Vor allem auf Künstler übte dieses Zwischenreich eine starke Anziehungskraft aus. Ausgehend von Burroughs und dem historischen Tanger handelt Interzone vom Gefühl des Übergangs und der Existenz im Transitorischen. Das Libretto des Schriftstellers Marcel Beyer folgt den literarischen und biographischen Spuren des Autors nur lose. Es schafft Parallelhandlungen und konfrontiert mit Burroughs Sprachgewalt und Melancholie. Das Publikum ist – zusammen mit den Darstellern und Musikern – von acht, kreisförmig aufgestellten Leinwänden der Videoinstallation umgeben. Auf diese projiziert die belgische Künstlerin Anne Quirynen geographisch weit auseinander liegende Orte und Situationen und entwirft so einen weiteren transitorischen Raum, der optische Unsicherheiten provoziert.
Die traditionelle Opernstimme wird in Interzone völlig ausgeklammert. Enno Poppe erinnert stattdessen an Gesangsstile aus der arabischen und koreanischen Kunstmusik, aus Popmusik und Brechttheater. In ihrer ständigen Verwandlung folgt die Musik Burroughs’ Konzeption traumartiger Metamorphosen. Statt fest umrissener Bühnencharaktere steht die pausenlose Verwandlung der Darsteller im Mittelpunkt. Die in Kooperation der drei Künstler entstandenen „Lieder und Bilder“ sind nicht nur Musiktheater, Singspiel und Liederzyklus, Interzone ist ein „Grenzgänger zwischen den Gattungen, ein Zwitter, ein Hermaphrodit. Und damit selbst Teil jenes Zwischenreichs, das das Stück beschreibt“ (Rainer Pöllmann).