open_sources

Idealisten haben es bekanntlich nicht leicht. Was sie ahnen – das Scheitern ihrer Mission – wissen alle anderen schon lange im voraus. Idealismus ist ohnehin aus der Mode gekommen und den Zeitgenossen, die sich mit dem Gegebenen arrangieren, allenfalls ein mitleidiges Lächeln wert. Umso größer war die Überraschung, als sich gerade in der perfekt kommerzialisierten Computerwelt der Erfolg der Open-Source-Bewegung abzuzeichnen begann. Selbst erfahrene Hacker hatten noch Anfang der Neunziger Jahre bezweifelt, dass es einmal möglich sein würde, Software und Betriebssysteme auf kollektiver und unentgeltlicher Basis zu entwickeln. Inzwischen ist freie Software den proprietären Alternativen in vielerlei Hinsicht überlegen. Die Open-Source-Initiative und die mit ihr beinahe identischen Freie-Software-Projekte stehen heute für das Gelingen eines technischen und zugleich gesellschaftlichen Experiments. Daher ist es um die ehemaligen Spötter still geworden.

Die Open-Source-Bewegung hat inzwischen Nachahmer auf den Plan gerufen und ist zu einer weltweiten sozialen Bewegung geworden. Nicht nur Software, auch Wissen und Kultur werden von Lizenzen und anderen Besitzrechten befreit. Zugleich geht es darum, neue Formen der Kooperation und des Gemeinsinns zu verbreiten.

Das ensemble mosaik hat sich in den vergangenen Jahren konsequent mit den Spielräumen auseinander gesetzt, die an den Schnittstellen zwischen elektronischen Medien und den keineswegs nur Noten getreu ausführenden Musikern bestehen. Nicht erst seit der 2002 begonnenen Konzertreihe audible interfaces sind zahlreiche Kompositionen im Dialog mit den jeweiligen Interpreten entstanden. open_sources stellt offene Arbeitsmodelle für partizipatorische Kompositionsprozesse vor. Dabei werden die traditionelle Trennung von Autor und Interpret, die entsprechende Aufgabenverteilung und das Verständnis vom Autor als Erfinder und Inhaber des Kunstwerks neu verhandelt. Durch enge Zusammenarbeit zwischen Komponisten und Musikern wird Kreativität gebündelt und intensiviert. Durch die gemeinsame Entwicklung und Ausarbeitung von Konzeptionen und Kompositionen, die meist auch zusammen mit den Komponisten aufgeführt werden, wird ein neues Arbeitsfeld definiert, das neuartige und – abhängig von den beteiligten Künstlern – jeweils völlig unterschiedliche Ergebnisse hervorbringt. Musik entsteht nicht im Elfenbeinturm sondern in der Ensemblewerkstatt.

2009 präsentierte das ensemble mosaik den 2007 begonnenen und 2008 fortgesetzten open_sources-Zyklus in neuem Gewand. In Hörsituationen im Wechsel zwischen Videoperformances, Konzertinstallationen und dem traditionellen Spiel auf der Bühne erlebte das Publikum zwei durchkomponierte Abende. In zwei Konzertinszenierungen wurde die Idee der Open-Source-Bewegung mit einem choreographierten Musikerlebnis verbunden.